Sonntag, 3. Juni 2012

Was darf‘s sein?


Das Gefühl, richtig in China zu sein, beschleicht mich immer, wenn ich abends über den Nachtmarkt schlendere, der direkt gegenüber von meinem Wohnblock stattfindet. Ein irres Gewusel ist das: Studenten aus der nahen Uni, alte Mütterchen, die ihr Obst nach Hause tragen, Mütter mit ihren Kindern und dazwischen immer auch Autos und Fahrräder.

Fleisch auf dem Makrt - aber man
muss auch mal "nein" sagen können ;)

Besonders an den warmen Sommerabenden ist hier die Hölle los. Und man kann so ziemlich alles kaufen, was es an Essbarem so gibt. Kalte Nudeln aus Xi’an, stinkenden Tofu, Teigtaschen, Sushi, gegrillte oder gekochte Spieße an denen wer-weiß-was hängt, aber auch Waffeln und Milchshakes. Und natürlich Obst, Gemüse, Fisch und Fleisch.

Ich wollte natürlich alles einmal ausprobieren und war bei dem Stand angekommen, der nahezu undefinierbares gekochtes Fleisch verkaufte. Aber weil der nette Herr mir erklärte, dass er nur ganze Stücke verkaufte, lehnte ich das geschätzte halbe Kilo, das einer Leber ähnelte doch wieder ab und beschränkte mich auf das Gemüse, das er auch noch anbot…

Neben den Essensmärkten gibt es aber natürlich auch die Klamottenmärkte. Der für Ausländer wohl am berühmteste ist die Silk Street. Auf diesem Markt gibt es so ziemlich alles jenseits der Nahrungsmittel. Nichts von dem, was hier angeboten wird, ist ein Markenartikel. Auch wenn die Nike-Schuhe, Lacoste-T-Shirts und sogar iPhones noch so toll aussehen…

Und handeln muss man! Als ich die Verkäuferin fragte, wie viel denn die „Converse-Schuhe“ kosten würden, meinte sie ohne zu Zögern: „360 Yuan“ (immerhin mehr als 40 Euro). Am Ende hatte ich sie bei 50 Yuan. Die alten Gesetze, wonach man beim Handeln bei ein bisschen mehr als der Hälfte einsteigen sollte, gelten hier nicht.

Habe ich gesagt, dass man in der Silk Street alles bekommt? Ganz stimmt das nicht. Frauen bekommt man dort nicht. Oder besser: keine Ehepartner.

Als ich neulich nichts ahnend durch das Provinzstädchen Tianjin (12 Millionen Einwohner) wanderte, gelangte ich durch Zufall in einen Park und war überrascht, ob der Anzahl der Leute, die sich hier herumtrieben. Wie auf einem Markt gab es auch hier so etwas wie Verkäufer und Kunden, aber vor den „Ständen“ lagen oder hingen nur Zettel mit stichpunktartiger Beschriftung.
Partnerbörse in Tianjin: Die Auswahl ist groß

Schließlich bekam ich dann auch raus, worum es hier ging. Ich war auf einen Heiratsmarkt geraten. Die Zettel, die dort massenweise auslagen und –hingen standen für die Menschen, die auf der Suche nach einem Partner angeboten wurde. Natürlich mit Geschlecht (weil sich das bei chinesischen Namen ja nie so genau sagen lässt) und Körpergröße (sehr wichtig!). Was wir in Deutschland nur noch im Internet kennen, gibt es hier noch in der altmodischen Version: Eine analoge Partnerbörse.
82-jährige Frau sucht...

Erstaunlich war vor allem auch, dass sich die Leute hier nicht direkt kennen lernten. Es waren kaum junge Leute zu sehen. Wer dort zwischen den einzelnen Ständen umherstreifte, waren vor allem ältere Menschen, auf der Suche nach einem Partner für ihre Kinder. Oder für sich selbst – denn es gab durchaus auch ältere Kandidaten. Tatsächlich gab entdeckte ich einige Zettel auf denen über 80-jährige Damen und Herren nach einem Partner suchten. Wie lange die Beziehung dann dauert, ist eine andere Frage...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen